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Keller, Jean Baptiste Julius Karl
Gerberei- und Weingutsbesitzer in Beurig,
* Beurig bei Saarburg 03.02.1830, + Beurig bei Saarburg 12.10.1900,
„Johann Baptist Julius Karl Keller wurde am 03.02.1830 in Beurig geboren. In der Familie wurde er künftig sehr vornehm „Jean Baptist“ genannt., Er wurde ebenso wie seine Geschwister in der Pfarrkirche zu Beurig getauft. In den ersten Unterrichtsjahren wurde er von einem Privatlehrer im Elternhaus unterrichtet. Um ihm eine gute Schulbildung zu geben, besuchte er auf Geheiß des Vaters das „Königliche Gymnasium“ in Trier. Nach Abschluß der Schule studierte er ein Jahr in Berlin. Um als Einjährig-Freiwilliger zu dienen, unterbrach er seine Studien in Berlin. Er trat in das 9. Husarenregiment ein. Als Reserveoffizier nahm er 1849 am Badischen Krieg teil und in dessen Verlauf an der Schlacht bei Waghäusel., Nach der Entlassung aus dem Militärdienst widmete sich Jean Baptist Keller wieder ganz seiner Berufsausbildung. Sein Studium in Berlin nahm er allerdings nicht mehr auf. Da er dazu bestimmt war, die elterliche Gerberei und das Weingut zu übernehmen, ließ er sich als Kaufmann und Lohgerber ausbilden. Um die internationalen Gepflogenheiten der Lederbranche kennen zu lernen, begab er sich nach Havre und nach Paris. Die kaufmännische Ausbildung erhielt er in einer Bank in London., Den Weinbau und Weinhandel erlernte er als Eleve auf dem Karthäuser Hof bei Trier, der Valentin Leonardy, beziehungsweise später dessen Schwiegersohn Johann Wilhelm Rautenstrauch, gehörte. Johann Wilhelm Rautenstrauch sollte später sein Schwiegervater werden. Nach seiner allumfassenden Ausbildung trat er in den elterlichen Betrieb ein. Hier kümmerte er sich vornehmlich um die Gerberei., In Fachkreisen wurde er bald als guter aber harter Geschäftspartner und Handelsmann bekannt. Da der Bedarf an Häuten aus der Umgebung nicht zu decken war, kaufte er Importhäute von der Firma Johann Wilhelm Rautenstrauch und Cie. in Trier. So intensivierte er die vom Vater begonnene Verbindung zu Johann Wilhelm Rautenstrauch. Wohl anläßlich einer Geschäftsbesprechung oder vielleicht auch bei einem Diner lernte er auch die Kinder seines Geschäftspartners kennen. Eines dieser Kinder, Aline Angelika – in der Familie „Portiunkula“ genannt – hatte es ihm besonders angetan. Am 18.10. 1857 heiratete er sie in Trier., Der Vater Johann Jakob Keller baute dem jungen Paar ein eigenes Wohnhaus in Beurig, Hauptstraße 2. Dieses Haus war bis zum Jahre 2004 im Besitz der Familie Keller. Erst nach dem Tode seines Vaters, 1870, bezog Jean Baptist mit seiner Familie das große Haus an der Saar., Neben seiner beruflichen Tätigkeit in der Gerberei und der Bewirtschaftung des Weingutes, versuchte er sein Vermögen durch Industriebeteiligungen und Aktienspekulationen zu mehren, was ihm in nicht unerheblichem Maße gelungen ist. Hier trug die Bankausbildung in England Früchte. In seiner Heimatgemeinde Beurig und in der Kreisstadt Saarburg, sowie im Kreis Saarburg, zeigte er ein besonderes Engagement. Ab 1858 übernahm er Ehrenämter für die Bürgermeisterei Beurig, 1865 wurde er Kreistagsabgeordneter und kurz darauf Kreisdeputierter. Einige Zeit war er auch Mitglied des Rheinischen Provinziallandtages. Der damalige Landrat von Saarburg war Leopold Tobias. , Aufgrund seiner Persönlichkeit wurde er von 1872 bis 1888 und von 1892 bis 1898 Mitglied der Handelskammer Saarbrücken. Sein Engagement für die deutsche Lederindustrie brachte ihm schließlich das Amt des „Vorsitzenden der südlichen und westlichen Gruppe der Deutschen Lederfrabrikanten“ ein., Die Gruppe sicherte ihm auch einen Vorstandssitz im Zentralverein der Deutschen Lederindustrie. Außerdem war er Mitglied des Reichsversicherungsamtes und des Bezirkseisenbahnrates in Frankfurt. Für seine Verdienste ehrte der Preußische Staat ihn mit dem Titel „Kommerzienrat“., Bedingt durch seine vielen Ämter, mußte Jean Baptist Keller viel reisen. Wochenlang reiste er nach Berlin oder ins Ausland. Die Familienangelegenheiten überließ er meistens seiner Frau Aline Angelika geb. Rautenstrauch, die, nach Aussage von Lilo Cnyrim, die Güte in Person gewesen sein muß. In seinem Verhalten der Familie gegenüber war Jean Baptist Keller streng aber gerecht. Unter einer rauhen Schale saß ein guter Kern. , Niemals belastete er seine Familie mit geschäftlichen Problemen, so daß seine Geschäfte und auch seine Vermögenslage der Familie völlig undurchsichtig blieben bis zu dem Augenblick, als er sein Testament formulierte. Private Entspannung suchte Jean Baptist Keller auf großen Reisen. So weilte er von Januar bis März 1893 in Sizilien. Einige seiner Briefe, die er von dort schrieb, sind erhalten geblieben…, Den Kindern war Jean Baptist Keller ein strenger Vater, besonders in der Zeit als es an das Heiraten ging. So war er mit der Heirat seines Sohnes Anton Carl nicht einverstanden. Daraufhin wurde dieser enterbt und später abgefunden., Seit Sommer 1898 kränkelte Jean Baptist Keller. Seit Oktober 1898 fesselte ihn ein schweres Herzleiden ans Bett… In den folgenden Monaten leitete Jean Baptist Keller sein „Imperium“ vom Bett aus. Auch wenn er von einer körperlichen Schwäche gezeichnet war, blieben sein Lebenswille und seine geistigen Fähigkeiten ungebrochen. Am 12. Oktober 1900 erlosch sein Lebenslicht. Er wurde 3 Tage später auf dem Friedhof in Beurig im Familiengrab Keller beigesetzt…, Er war eine starke Persönlichkeit, der typische Patriarch aus frühkapitalistischer Zeit, absolut autoritär, tüchtig, fleißig, ordnungsliebend, unternehmend, frankophil doch preußentreu, sorgsam bedacht auf das Wohl und den Ruf seiner Familie – wer nicht parierte, wurde enterbt. Er war streng, aber gerecht und tat viel Gutes. In seinem Wunsch, sich selbst darzustellen, überzog er wohl zuweilen, und dann wußte man nicht mehr, was ernst war, was Schrulle, was bewußte Irreführung – und Humor hatte er noch dazu. Er pflegte seine Beziehungen und mehrte sein Vermögen, nicht zuletzt durch eine kluge Heirat., Wo Jean Baptist Keller aneckte, da griff seine Frau Aline Angelika ein und glättete die Wogen mit Güte und Milde. Dadurch ergänzten sich die beiden fast zu einem idealen Paar. Ihm eigen war ein schon fast störrischer Atheismus. Pfaffen und deren Gehabe waren ihm widerlich. Dennoch ist nicht anzunehmen, daß er kein christlich gesinnter Mensch gewesen war. Dazu tat er viel zu viel Gutes. Wegen seines offenen Widerwillens gegenüber der Kirche, mußte er auf kirchlichen Beistand bei seiner Beerdigung verzichten. Erst nach seinem Tod ist bekannt geworden, daß er in seinen letzten Lebensstunden mit einem Barmherzigen Bruder aus Trier die Hände faltete und betete. Seine Frau ließ später aufgrund dieser Tatsache ein großes Marmorkreuz auf dem Grab errichten, welches heute noch die Grabstätte Keller auf dem Friedhof ziert. “
Zitat aus Cnyrim, Chronik Keller a.a.O. mit freundlicher Genehmigung (11/2008) des Autors.
oo Trier 18.10.1857 Aline Rautenstrauch
Quellen:
Cnyrim a.a.O.,
Scheibler a.a.O. (hier Hochzeitsdatum 19.10.1857)
Erstellt mit dem Programm AHNENBLATT (www.ahnenblatt.de).